Der Darm: eine Hormondrüse
Der Darm wird häufig nur dann wahrgenommen, wenn er uns in Form von Verdauungsproblemen Ärger bereitet. Gerne über ihn reden, tut aber keine*r. Wenn ich über Darmgesundheit rede, werde ich auch oft schräg angeguckt. Und was der Darm mit Hormonbalance oder auch dem Gewicht zu tun hat, ist schlichtweg häufig unbekannt. Dabei ist er so viel mehr als „nur“ ein Verdauungsorgan und ich könnte geradezu ins Schwärmen geraten. Konzentrieren wir uns erstmal auf den Zusammenhang zu deinen Hormonen.
Wusstest du, dass…
- der Darm über ein eigenes Nervensystem verfügt und darüber Informationen an dein Gehirn sendet?
- er Herberge für circa 2 kg Bakterien ist, die in ihrer Gesamtheit die Darmflora (das Mikrobiom) bilden?
- der Darm die größte Hormondrüse im Körper ist?
Der Darm stellt, abhängig von der Zusammensetzung der Darmflora, mehr als 20 Hormone (Botenstoffe) her. Das schafft keine andere Hormondrüse im Körper! Wenn du Hunger hast oder wann du satt bist, wird direkt von Hormonen deines Darms beeinflusst (Ghrelin und Leptin).
Aber auch indirekt ist der Darm an deiner Hormonbalance beteiligt. Denn ist deine Darmflora nicht im Gleichgewicht, dann kannst du wichtige Nährstoffe womöglich gar nicht aufnehmen. Neben weiteren Stoffwechselprozessen, die dadurch ins Stocken geraten, können dann auch Hormone nur unzureichend gebildet, umgewandelt oder aktiviert werden.
Nun stelle ich dir aber den konkreten Zusammenhang zwischen deinem Darm und der Hormonbalance in deinem Körper vor.
Darm und Östrogen
Die Darmflora spielt eine wichtige Rolle bei der Östrogenregulation. So kann es, je nach Zustand deiner Darmflora, zu einer Östrogendominanz kommen.
Ablauf:
- Der Abbau deiner Östrogene erfolgt in der Leber.
- Die Abbauprodukte werden dann mit der Gallenflüssigkeit in den Darm transportiert.
- Wie gut dann die Ausscheidung funktioniert, ist abhängig von der Darmflora, auf die die Abbauprodukte treffen.
- So gibt es eine Bakteriengruppe im Darm, die durch ein Enzym, die Beta-Glucuronidase, Östrogene wieder reaktivieren können.
- Sie werden dann über den Darm wieder aufgenommen, statt ausgeschieden und können so Erkrankungen wie Endometriose oder auch Brustkrebs begünstigen.
Über die Symptome, Ursachen und Behandlung einer Östrogendominanz findest du hier einen ausführlichen Artikel.
Darm und Schilddrüsenhormon
Schilddrüsenstörungen sind eine typisch weibliche Erkrankung. Über die weit verbreitete Schilddrüsenunterfunktion findest du hier wichtige Tipps für die ganzheitliche Behandlung.
In Bezug auf den Darm ist sei so viel zusammengefasst:
- Deine Schilddrüse produziert überwiegend inaktives Schilddrüsenhormon T4.
- 20 % davon werden im Darm zu T3 aktiviert und wirken dann an deinen Zellen.
- Deine Schilddrüse kann also noch so gut arbeiten: Wenn (unter anderem) dein Darm diese Aktivierung nicht stemmen kann, weil er im Ungleichgewicht ist, dann kannst du Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion haben.
Ein begünstigender Faktor für Autoimmunerkrankungen, wie Hashimoto, ist ein durchlässiger Darm. Bei diesem sogenannten Leaky-Gut-Syndrom gelangen Stoffe in die Blutbahn, die eine intakte Darmwand normalerweise nicht überwinden würden. Dadurch setzt eine Immunreaktion im Körper ein, mit der Folge einer entzündeten Darmschleimhaut, wodurch die Darmflora weiter geschädigt wird. Manchmal richtet sich das Immunsystem dann, durch überschießende Immunreaktionen, gegen körpereigene Zellen und eine Autoimmunreaktion entsteht.
Glückshormone und Schlaf
Serotonin wird häufig auch als „Glückshormon“ bezeichnet. Dabei ist der Botenstoff genau genommen ein sogenannter Neurotransmitter, der für Ausgeglichenheit, erholsamen Schlaf und Lebensfreude zuständig ist. Circa 90 Prozent des körpereigenen Serotonins wird von unseren Darmzellen aus der Aminosäure Tryptophan produziert. Von dort kann es zwar nicht direkt ins Gehirn gelangen, aber über den Vagusnerv kann es unsere Stimmung und unser Wohlbefinden trotzdem maßgeblich mit beeinflussen.
Serotonin ist außerdem eine Vorstufe des Schlafhormons Melatonin. Guter Schlaf beginnt also ebenfalls in deinem Darm 😊.
Hormonstörung PCOS
Das Polyzystische Ovarialsyndrom gilt als häufigste hormonelle Störung bei jungen Frauen mit ausbleibender oder seltener Periode, veränderten Eierstöcken und vermehrt männlichen Hormonen. Typische äußerliche Symptome sind Übergewicht, Haarausfall und Akne. Auch eine Insulinresistenz geht häufig mit PCOS einher.
In Studien wurde nun festgestellt, dass ein Ungleichgewicht der Darmflora einen Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf bzw. das Erscheinungsbild des PCOS hat:
- So konnten bei PCOS Patientinnen höhere Werte von Zonulin, einem Marker für die Darmdurchlässigkeit, nachgewiesen werden.
- Eine erhöhte Darmdurchlässigkeit führt nachweislich zu einer Entzündungsreaktion, durch die wiederum unter anderem eine Insulinresistenz begünstigt wird.
- Auch die Menge an Testosteron steigt.
- Überwiegen in deiner Darmflora die sogenannten „Dickmacher Bakterien“ (Firmicutes), dann neigst du besonders dazu, übergewichtig zu werden, was ebenfalls ein Merkmal von PCOS ist und gleichzeitig eine Insulinresistenz fördert.
Stress und die Darmflora
Nicht nur der Darm bzw. die Darmflora beeinflusst deine Hormone direkt oder indirekt. Auch die Hormone beeinflussen deine Darmflora. Über den negativen Einfluss von Stress auf deine Darmflora habe ich hier bereits geschrieben.
Neue Studien beweisen nun auch, dass ein Leaky-Gut-Syndrom, bei dem sich die Tight-Junctions (Zell-Zell Verbindungen lösen) durch einen hohen Spiegel des Cortitropin-realising-Hormons (CRH) gefördert wird. CRH stimuliert über ein weiteres Hormon unter anderem die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol.
Fazit
Um in deinem Körper eine gesunde Hormonbalance herstellen zu können, sollte der Darm nicht außer Acht gelassen werden. Auch im Wechselspiel mit der Leber, als zweites wichtiges Hormonbalance-Organ, spielt der Darm eine wichtige Rolle.
In meinem 1:1 Stoffwechselcoaching helfe ich dir gerne, deine Darm- und Leberbalance wiederherzustellen.
1 Kommentar zu „Der Darm: wichtiges Organ für deine Hormonbalance“
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